12 NOVEMBER 1937, Page 17

INTERNATIONALE JAGDAUSTELLUNG

[Von einem deutschan Korrespon1entea] DIE letzte Jagdausstellung fand vor 27 Jahren, also noch im tiefsten Frieden, in Wien statt. Kehler der damaligen Tell- nehmer hat wohl jenes erschiittemde Bild vergessen, wie der uralte Kaiser von Osterreich stundenlang in der brennendst. n Sommerhitze von seinen Funktionaren die schattenlosen Wege entlang gejagt wurde. Heute, nach Kriegen, Revolu- tionen und Inflationen, ist nur noch sein alter Jagdanzug, pietatvoll in ether Glasvitrine ausgestellt, zu sehen. Seine Funktion aber, Schirmherr aller Weidmanner der Welt zu sein, hat diesmal Herr GOring, Deutschlands gewaltigster Schiesser und Jager, iibernommen. Er ist der bedeutsame Mittelpunkt ether gigantischen Schau, in der die beteiligten dreissig Nationen nur die Folie seines Ruhmes bilden.

In diesen Tagen ging eine kleine unscheinbare Notiz durch die Presse. Im Bois de Boulogne ist das letzte Reh von Paris von einem Auto geblendet, angefahren und getOtet worden. Das arme Tierchen war gliicklich alien Treibjagden entgangen, die man gegen die Storenfriede des Verkehres unternahm. Nun ist es, wenn auch nicht selr weidgerecht, doch noch erlegt worden. Seine Miirder werden sich nicht mehr Ober den " VerkehrsstOrenfried " zu beldagen haben.

Da hatte es doch Berlin weit besser. Vor zweihundert Jahren wurde dort der letzte Bar, vor dreissig Jahren der letzte Wolf erlegt. Ebenso lange ist es her, dass im Grunewald die letzte Parforcejagd abgehalten wurde. Ein paar Fiichse fristen noch am Miiggelsee ein trauriges Dasein ; sie werden " Stullenfiichse " genannt, weil die hungernden Tierc die Papierkiirbe nach Brotresten durchschniiffeln. Die besseren Jager sind ausgewandert, ins Land um Magdeburg, in den Spreewald, wenn sie nicht die Ehre haben, in der Domiine des Reichsjagdmeisters Generalobersten Ministerprasidenten Hermann Goring, in der Schorfheide ihr Gluck zu versuchen.

Das deutsche Wild verdankt Herrn Goring eine wahre Renaissance. Es wird gehegt und gepflegt, dass es eine Lust ist. Eine Lust natiirlich fiir den Jagersmatm, es claim spater in seiner ganzen Pracht und Frische " weidmannisch " abschiessen zu dilrfen. Eine etwas tierischc Paralelle zu der Gepflogenheit modemer Raubstaaten, fiir die Hebung der Geburtenziffer zu wirken, urn dann fiir das letzte Halali mehr Kanonenfutter zu haben.

Die Paralelle zwischen Jagd und Krieg drangt sich dem noch nicht vom permanenten Blutrausch befallenen Betrachter der fiinfzehn Kilometer langen Ausstellung immer wieder auf. An Hand eines Kataloges, der auf sechshundert Seiten nur " Stich "—Worte enthalt und der ein Pfund wiegt, kann man Material studieren. Es umfasst alles, was mit dem griinen Mord zusammenhangt, Waffen, Tiere, Trophaen, von denen in einer eigenen Ehrenhalle allein fiinfzig Stiick des obersten Nazi-Nimrods vereinigt sind. Seth Zwanzigender " Raufbold " erregt gebiihrende Bewunderung ; trotzdem wurde der starkste Hirsch der Ausstellung leider bereits vor hundert Jahren und dazu noch in der Tschechoslovakei erschossen. In der deutschen Kolonial-Abteilung hangen Jagdtrophaen des ersten Reichskommissars fur Deutsch- Siidwestafrika, des Vaters von GOring.

Einen Gipfel deutscher Technik und deutschen Geschmacks stellt das Schiesskino dar, mitten in einen naturtreu aufgeklebten und ausgestopften deutschen Wald mit samtlichen schiess- baren Wild. In Film erscheint das fliehende Wild, der Besucher darf auf die Bilder schiessen, die nach dem Schuss stehen bleiben, so class man sogar den Einschuss kontrollieren kann. Unzahlige Jagdpanoramen und Jagdbilder, Photos und Plastiken, und immer wieder Tiere, ausgestopfte und lebende, vervollstandigen den Eindruck, einmalig in seiner unnachahnilichen Mischung von Sadistik und Statistik.

Ein Wettbewerb der Jager, ein Meisterschaftsschiessen nach Fiichsen, Hirschen, Rehen, Wilddieben und Wild- schweinen, ausgetragen unter 28 Nationen wird gewiss einen guten Abschuss und Abschluss fiir Deutschland ergeben.

. Herr Goring erOffnete die Schau in den neun Hellen vor den tausend Ehrengasten, Diplomaten und Ministem, begriisst von Fanfaren und Marschen, mit dem Hinweis, dass die Jagd auf Kunst and Kultur jedes Landes entscheidenden Einfluss ausgeiibt Mine und dass die Jagerei kulturfordernd und volkerverbindend sei.

Weicimenes-Heil !