14 JUNE 1935, Page 15

Vater des Dritten Reiches

[Von einem Deutschen Korrespondenten]

IN diesen Tagen jiihrt sich zum zehnten Mal der Todestag des deutschen Philosopher Moeller van den Bruck, den man den Vater des Dritten Reiches nennen kann.

Sein Lebensgang ist bernerkenswert. Sein Vater war Niedersachse und seine Mutter, eine geborene van den Bruck, stammt aus Holland. Deren Mutter wieder kam aus Spanien. So war der Schopfer des Dritten Reiches ein Mischling. Moeller studierte in Leipzig, ohne an dem Universitatsbetrieb Geschmack zu finden. Als er nach Berlin kam, bewegte er

• sich in Dichterkreisen und freundete sich mit Dehmel und -Liliencron an. Die nachste Etappe seines Lebens hiess Paris. Hier schrieb er die politischen Biicher " Zeitgenossen" and " Die Deutschen, unsere Menschengeschichte." Diese Werke sind vom franzasischen Skeptizismus stark beeinflusst. Dann ging Moeller nach Florenz, wo er Ernst Barlach, den -norddeutschen Bildhauer und Dramatiker, wie Theodor Daubler, den saddeutschen Epiker und Lyriker, zu Freunden gewann. Hier schrieb er das Buch Italienische Schtinheit." Zu Kriegsbeginn lebte Moeller in Russland und Finnland. Er begann, zusammen mit Mereschkowski, das grosse Werk der Dostojewsky-Ubersetzung. Hier erlebte er such die Idee

des Preussentums. Im " Preussischen bekennt er sich zur Idee des Preussentums als Idee der geistigen Rasse. Nach dem Zusammenbruch widmete er sich vollig der Politik und verkandete, zusammen mit Brockdorff-Rantzau, dass der nationale Sozialismus die Basis alter besiegten and unter- drfickten Volker werden Diese seine geistige Entdeckung versuchte cr durch die Formel " Der Dritte Standpunkt " dem Konservativismus wie dem Liberalismus gegentiber durchzusetzen und begann den • Kampf gegen Parlamentarismus and Parteien: Br fiihrte und beeinflusste diesen Kampf durch die Schaffung junger geistiger Elite-Truppen, sorgenannter Orden. '

Sein epochales Buch, "Das Dritte Reich," erschien 1922, mitten in den Wirren der Inflation und der Selbstauflosung der Deutschen Republik. Das Echo auf diesen Ruf blieb aus. Bis auf den kleinen Kreis urn seine Zeitsehrift " Das Gewissen," die er fast ganz allein schrieb, war nur Stummheit, nur Ablehnung um ihn. Er sah das Unheil kommen, Anarchic und PLanlosigkeit, bestenfalls grobliche Verzerrung seines Weltbildes. So beendete er sein Leben zu Beginn seines 60. Lebensjahres freiwillig. Er blieb auch weiterhin ein Unbekannter und sein Werk blieb im Schatten, bis die stiirmische Aufwartsbewegung des Nationalsozialismus sich seines Buchtitels als Schlagwort bediente, um den Inhalt des Buches selbst, die Renaissance des Preussentums, vollig zu ignorieren.

Der geistige Alinvater des Dritten Reiches, Moeller van den Bruck : ein toter, vergessener Mann ; der organisatorische Vater der nationalsozialistischen Partei, Anton Drexler, ein zwar noch lebender, aber such vollig vergessener Zeitgenosse,— das, sind die Grander des heutigen Deutschland.

Moeller van den Bruck hat unter seiner politischen und geistigen Vereinsamung schwer gelitten. Um seinen Tod ist such heute noch nicht der Schleier des Geheimnis gelaftet. Man spricht zwar in allgemeinen Ansdracken von einer drohenden geistigen Umnachtung, einem ahnlichen Schicksal wie bei Friedrich Nietzsche aber genanes wissen wir dock nicht and werden wir vermutlich auch nie erfahren. Seib politisches Leid, das er aber so stark wie ein personliches Unglfick emptand, war die Erkenntnis, dass Deutschland ohne politische Idee war. Seine Mahnung an die deutsche Jugend war : Erlosung von dem Geist des Westens, Glaube an die Macht des Irrationalen, Ueberwindung der Parteien, Solidaritat der- Nation in einem nationalen Sozialiimus. Die historische Aufgabe Deutsehlands sah er in der Organisierung einer Weltrevolution gegen die Ideologie des Westens. Aus seinem Nachlass erschien eben der dritte Band des Werkes "Das ewige Reich " unter dem Titel " Gestaltende Deutsche." Zu diesen zahlt er Karl den Grossen, Friedrich II., Diirer, Holbein, Leibnitz, Bach, Mozart, Goethe, Beethoven, Wagner.

Eine gewaltige Ahnenreihc. Aber fraglich, ob sic seinen Weg des " Dritten Reiches " mit ihm gegangen waren . . .

So bleibt uns die Gestalt dieses einsamen halbvergessenen Vaters des " Dritten Reiches " als dunkle Mahnung in Gcgen-