15 OCTOBER 1937, Page 16

ZEREMONIEN AM BUCKEBERG

[Von einem deutschen Korrespondenten] GANZ schnell, zwischen Hcrbstmanover und Winterhilfswerk, muss der Fiihrer der Deutschen Nation dem Deutschen Herrgott auf dem Bilckeberg den Dank fiir die Emte aus- sprechen. Diese Zeremonie, _die alljahrlich unter der Mit- wirkung von Millionen Bauem stattfindet, hat diesmal, von Mussolinis Schatten etwas verdunkelt, nicht die erwartete Wirkung erziek. Obwohl fast das gesamte diplomatische Korps wie immer versammelt war, obwohl grosse UMbauten vorgenommen waren, obwohl zwanzigtausend Sanger aufgeboten warden, scheint das diesjahrige Erntefest in Publikum und Presse nicht den gewfinschten Widerhall gefunden zu haben.. Herr Dane hat sich unzweifelhaft sehr bemiiht, er als der Reichsbauemfithrer spiirt wohl am starksten, wie notwendig es ist, eine schlechte Emte mit einer guten Propaganda auszu- gleichen.

Die ganze Gegend um den Bilckeberg gleicht wieder einmal einem Heerlager. Aber diesmal sind es nicht Soldaten des Krieges, sondern Soldaten der Scholle. Riesige Zeltstadte wurden rings um den Biickeberg errichtet. Urn das Land- schaftsbild nicht allzusehr zu verschandeln, wurde ein beson- derer Baupflegeplan herausgegeben, der die Bauern der achzig umliegenden Gemeinden zum anstandigen Bauen erziehen will. Der Fiihrer soil heuer und in kiinftigen Jahren mit diesem Werkplanbuch die Fortschritte in der. umgebauten Landschaft studieren.. Hier, an den Ufernder Weser, tagt die Wasserburg. Ohsen empor ; hier hatte Karl der Grosse den Sachsenherzog Widukind gefangen gehalten ; hier und in den drei damals gegrfindeten .DOrfem Emmem, Hagenohsen und ICirchohsen treiben sich nun Hunderttausende unter den Standarten .und. Flaggenma- sten herum. Sic wandern den Weinbergweg empor, urn die letzten Vorarbeiten im Biickeberger Zeremoniell zu besichtigenen. Bisher wurden i6o.000 Kubiluneter Erde von den braunen Matilwi.irfen des Arbeitsdiensies bewegt. Man muss sehr vorsichtig zu Werke gehn, denn es gibt einen Befehl des Fiihrers : Der Reichserntedanktag muss stets in-der freien Natur, im Anblick der Felder und Siedlungen gefeiert werden.: Darum dllrfen auf dem Biickebergnur die ndraiendigen Bauten errichtet werden : Tribfinen, Post-; Rundfunk-und Becliirfnis- anstalten ; sic werden das Laitdschaftsbild .theht storen. Der gauze Umbau soil in zwei Jahren fertig sein.

Die Vorbereitungen ztun Emtefest bezeugen die Unisicht der organisatorischen Leitung. Zwei Postamter, sechZig Aerzte, darunter Chkurgen und .Frauenarzte; kchshtindert Sanitater sind eingesetzt worden. Eine Ehrendeputation von Bauem, Fischern, Forstarbeitern, Gartnem; Jagenf, • Land- arbeitern, Molkereiarbeitem und Schafem ist dem Fiihrer vorgeffihrt worden, an ihrer Spitze der Bauer Wemken aus Wemkendorf in Oldenburg, dessen Aliften seit dem Jahre 1428 auf demselben Hofe sitzen.

Trotz alter dieser Vorbereitungen und Zeremonien sind die politischen Aussichten dieser Bauemparade leider ebenso mager wie die Resultate der diesjiihrigni Emte. Dariiber hat uns Herr Dane nicht im Zweite]. gelassen. Die Gesamt; anbauflache fur Getreide nahm ab. Ein Teil der -Wintersaaten wurde durch Auswinterung vernichtet. Es fe.hlen zur von- standigen Emahrungsautarkie iloch immer 17 % !

Daher fand auch der Fiihrer auf dem Biickeberg in seiner ffinften Emterede ernste und drohende Worte. Vorher hatte Herr Goebbels, rim Volksmunde nur Millionen-Goebbels genannt, da er alle seine Reden mit einer ionen-Ziffer zu beginnen pflegt, dem Ffihrer die Griisse der angetreteten 1,200.000 Bauem zu Fiissen gelegt. • Und Reichsbauernfiihrer Dane hate angesichts der drohenden Mehlknappheit die deutschen Hausfrauen noch einmal gewamt, kein Brot verderben zu lassen. Hitler forderte Kolonien, Treue und AutOritat.' Er zeigte sich davon fiberzeugt, class der Herrgott auf die Dauer anstandige Menschen nicht irn Stiche 'asst. Das Siegheil auf den Fiihrer brachte im Namen aller versammelter Minister und Parteimanner der Gauleiter Rust aus.

Im Anschluss an das Zeremoniell auf dem Bfickeberg wurde den versammelten .Menschenmassen mitgeteik, class der preussische Staat Hem m Hider den Biickeberg als ganzen zurn Geschenk gemacht. In Goslar, - der alten Kaiserpfalz, sprach Adolf Hitler im Lichte der Leuchtfeuer und Scheinwerfer noch-einmal zu den besten Mannern des deutschen Biuemtums. Dann spielte die Goslarer Wehrmacht einen neu geschaffenen Jilierzatlenstreicli -Lind damit hatte das • Feat ein Ende. F.- G.