2 APRIL 1937, Page 16

ZWINGERS AUFERSTEHUNG

Non einem deutschen Korrespondenten1

&JIM ist es iiberall zur Osterzeit, wenn Krokus und Primeln ihr kleines buntes Haupt aus dem Grase stecken, urn neugierig in die lichte Friihlingswelt zu schauen. So blicken auch die kleinen Engel auf jenem Bilde, das bis auf den heutigen Tag die grOsste Verherrlichung des Christentums darstellt, die Sixtinische Madonna. In Dresden schwebt sic uns entgegen, leibhaftig gewordener Auferstehungsgedanke, in jener herr- lichen Barockstadt, die seit Jahrhunderten den Namen eines Elbflorenz tragt.

Lasst uns auf unserem Osterspaziergang mit Faust, dem ewigen Deutschen, den Weg Elbaufwarts nehmen, von Hamburg mit semen hundert Tfirmen, Ober Wittenberg, Tangermiinde, Magdeburg, Torgau, Meissen nach der Hauptstadt Sachsens. An der Briffilschen Terrasse wollen wir ans Land gehen, zwischen der Kunstakademie mid dem Standehaus und uns erfreuen an dem wtmdervollen Panorama. Weit schimmert der Strom, fiber die Augustus-und Carola-Briicke rasselt der Verkehr, iiberm Fluss die Garten der Neustadt. Dann steigen wir die breiten Freitreppen der Terrasse hinab und gehen zwischen Schloss und der lcatholischen Hofldrche zum Ziele unserer Wanderung, zurn Zwinger.

Der Zwinger, vielleicht Deutschlands sch nstes Barockjuwel, hat nach jahrzehntelangem Winterschlaf endlich Auferstehung gefeiert. Zweihtmdert Jahre ist dieses edle Gebaude alt mid die Zeiten sind nicht spurlos daran voriibergegangen. 1719 war der Zwinger zum ersten Male als Festplatz benutzt worden, doch erst zwolf Jahre spater war das Werk vollendet.- Ein Zwinger wird jener freie Platz zwischen ausserer und innerer Ringmauer genannt, doch der Dresdner Zwinger war kaum als Teil einer Festung gemeint. Dann aber wurde dieses Gebaude dennoch in die Wirren von ICriegen mid Revolutionen hinein- gezogen. Der zweite Schlesische Krieg wurde hier abge- schlossen, Napoleon erfocht hier seinen letzten Sieg vor Leipzig mid Richard Wagner stand hier auf der Barrikade Dinn zog der Friede hier ein mid mit ihm der Verfall. Fast ein Jahr- hundert lang war der Dresdner Zwinger verschandelt. Man hat die Gebaude mit Oel bestrichen, den Stadtgraben zugeschiittet, viele Tfiren said Fenster zugemauert, stilwidrige Gartenpartien und Denkrnaler angelegt. Vor allem hat man durch Zement- ausbesserungen den Verfall des Steines beschleunigt, .lurch schnell rostende Eisenteile dem zerstorenden Wasser Zutritt verschafft. So trat an die Stelle eines heiter beschwingten Barockbaus langsam eine tmfreiwillige Ruinenromantik.

Erst nach Krieg mid Revolution begann emsthaft die Restaurierung des Zwingers. Der Oelfarbenanstrich wurde sorgfaltig entfemt, der Zement aus dem Sandstein genommen, das Eisen durch Messing ersetzt. Aber auch architektonisch wurde der Zwinger wieder in semen friiheren Stand versetzt.

Das beriihmte " Iblymphenbad " ist nun wieder eine " lachende Wasserkunst," fiberall rauschen Brunnen und Kaskaden. Die zugemauerten Fenster sind wieder offen, hassliche eiseme Wendeltreppen entfemt, der Stadtgraben vor dem ICronentor geoffnet, sogar ein Anbau wurde an der Parkseite des Wassergrabens errichtet, urn den Gesamtbau auch dort abzuschliessen.

Verantwortlich fiir den Umbau ist der Regierungsbaumeister Ermisch, dessen wichtigste Tat die Berufung des Bildhauers Georg Wrba zur Emeuerung des Figurenschmucks war. Wrba hat zusammen mit den Bildhauem Alexander Hofer und Paul Polte hunderte von neuen Figuren geschaffen, die im Stile der Permoser mid Poppelmann blieben mid doch die Tradition des Barock auf unsere Tage weiterfiihren.

Vollendet aber ware erst der Zwinger, wenn man noch einige Umgestaltungen vomelunen konnte, die nicht fin Bereich des Bauherm liegen. Dazu gehort vor allem die E.ntfcz-nung der naturwissenschaftlichen Sammlungen aus den Pavilions said ihre Ersetzung durch die schonste Porzellansammlung der Welt, die jetzt im Johanneum ist. Ausserdem miissten die Wasserbecken am Zwinger-Platz entfernt und dafiir der Platz selbst mit Platten belegt werden. Erst dann namlich wurde dieser Raum eine ideale Flache, nicht mehr durch Bassins said Rasenflachen zerstiickelt, für grosse feierliche Veranstaltungen, Opern und Serenaden ergeben. Dann ware der Rahmen da fiir eine der schtinsten Biihnen der Welt, eine Umrahmung aus der Zeit Mozarts far Mozarts zeitlose Musik. 0 kleine Nachtmusik in einer Friihlingsnacht I F. G.