2 FEBRUARY 1934, Page 14

Gefalschte Bilder

[VONEINEM DEUTSCHEN CORRESPONDENTENJ

DER Prozess des bilderfalschenden Professors Hauser, der dieser Tage in Berlin zu Ende ging, enthilllte em n Kapitel Kunstgeschichte, das in allen Landern zu einem hesonderen Problem wurde. Der Hauptange- klagte, Professor Hauser, wurde zwar freigesprochen, doch wurde seine Internicrung in einer geschlossenen Anstalt angeordnet, da er vollig unter dem Einfluss von Rauschgiften—einem im heutigen Deutschland sehr verbreiteten Laster—stand und" unter unwiderstehlichem Zwange " gehandelt haben soil. Die Mitarbeiter des Professors, der nur die intellektuelle Leitung des ganzen Konsortiums hatte, erhielten langjahrige Geftingnis- strafen. Per Prozess hat, iihnlich dem Prozess gegen den Kunsthandler Wacker, der mit gefalschten van Gogh Bildern handelte, grosses Aufsehen in Deutschland erregt, da nicht so schr die Tatsache der FAlschungen als viel mehr die Unsicherheit am Kunstmarkt samtliche kanstlerisch interessierten Mensehen auf das heftigste erregte. War es bei dem "Van Gogh Prozess" schon mehr als merkwardig, dass sich die grossten Fachleute wic die Professoren Justi, Pauli, Thormaelen und sogar der greise Liebermann, der Alterskollcge des General- feldmarschall Hindenburg, nicht nur nicht einig waren, sondern im Gegenteil sich noch auf das heftigste be- kampften, so war es bci diesem " Hauser-Prozess " wiederum interessant, wie von alien " anstandigen " Gemalde—und Auktions—Geschiiften eine " Einheits- front " gegen die ,A.ussenseiter gemacht wurde, wie sich alle Kunsthandler von Helbing bis Mierendorff bemithten, den Fall der gefalschten " Hauser " als in ihren Kreisen ganz uninoglich und nur bei " Aussenscitern " moglich hinzustellen. Die Wahrheit Aber ist und der friihere Kunsthandler Flechtheim aus Dtisseldnrf, der spater der " Querschnitt " heratisgab, hat dartiber sehr amiisant berichtet, dass nirgends wo em n grosserer Schwindel betrieben wird als gerade bei den " serikisen " Firmen, die &ter als bckannt, " hereingelegt " werden, aber sich dann eben king aus der Affaire ziehen, indem sie ihre Blamage nicht an die grosse Glocke hfingen.

Am nettesten illustriert diese Situation am Kunstmarkt folgende Episode aus dem "Hauser "-Prozess. Als emn Zeuge em n gefalschtes Bild als echten " Hobbema " urn einen hohen Preis "unter der Hand" von dem Angek- lagten gekauft hatte, kam Hauser spider ganz aufgeregt zu dem Kinder des " Hobbema " und erldarte, Cr selbst sei durch den Wrkauf geschadigt worden, da das betreffende Bild gar kcin " Hobbema " sondem ein "Van Dyck" sei. Er sei gerne bereit, diesen "Van Dyck" um denselben Preis zurackzukaufen. Per Zeuge war grossmatig genug, das Bild selber behalten zu wollen und &far, dass es em n echter "Van Dyck" sei, noch zehntausend Mark dazu zu zahlen !

Nattirlich wird es, solange Kunst gehandelt wird, also Kunst eine Ware- ist, Versuche geben, sich unter Vor- spielung falscher Tatsachen einen hoheren Profit zu versehaffen. Der Fall des Italieners Dossena, der aus Spleen und Leidenschaft ganz,e Galerien falschte, urn seine Zeitgenossen griindlich zum Narren zu halten, wird nicht vereinzelt bleiben. Aber die Dummheit der Menschen, die sich far em n Kunstwerk erst dann zu interessieren beginnen, wenn es " beriilunt," also wertvoll, also kostspielig ist, wird noch oft von gesehickten Gaunern ausgenutzt werden, die mit dem Snobismus der " Kunst- beflissenen " ihre Geschafte machen.