3 SEPTEMBER 1937, Page 17

OLDENBURG VON JANUSCHAU

[Von einem deutschen Korrespondenten]

EINE alte knorrige Eiche, ragend aus dem Unterholz seiner Zeit, war der alte Elard von Oldenburg bis zum Tode ein Sinnbild langst vergangner Tage.

Elard Kurt Maria Fiirchtegott von Oldenburg, am zo.Marz 1855 in Beisleiden, Westpreussen geboren, war schon lange vor seinem Eintritt ins biblische Alter bei Freund and Feind als der alte Januschauer bekannt. Diese Bezeichnung bezog sich nicht so sehr auf die Falk der Jahre, die der alte Elard mit Humor zu tragen verstand, als viel mehr auf seine politi- schen Uberzeugungen. Der Oldenburg von Januschau war ein Rinker, eines der GeschOpfe, die in unserem Jahrhundert nur noch irn hintersten Preussen gediehen. Diese Junker, ursprfinglich die " Jungherren " des ostelbischen Landadels, waren durch die Jahrhunderte der preussischen Geschichte hindurch so etwas wie die Pratorianergarde ihres KOnigs. Sie kiimmerten sich wenig urn die wesentlichen Dinge der Welt wie Kultur oder Wissenschaft. Die Stadte waren ihnen verhasst and nur das Ziel feuchtfrohlicher Weinfahrten. Konigstreue, Viehzucht und Soldatentum waren Inhalt ihres Lebens und ihre Lebenshaltung entsprang einem riicksichtslosen Feudalismus. Dass es schon immer Herren und Knechte gegeben hatte, das lasen sie aus ihrer Bibel und die Welt war so lange die beste aller Welten, solange sie die Herren waren. Das Gottesgnadentum, das ihren Gott und ihren Konig umschloss, bildete die Spitze einer Pyramide, auf deren Ober- flache sie nach dem himmlischen Worte von den " Lilien auf dem Felde " frOhlich und unbekiimmert lebten. Dass am Fusse dieser Pyramide Millionen von Sklaven, Arbeitern, Bauern, Landarbeitern vegetierten, sechzehn Stunden am Tage arbeiteten, in Stallen wohnten, nur um ein kiimmer- fiches Leben zu fristen, das war fiir die Junker " gouge- wollt " und daher in Ordnung.

Ein solcher Junker war der alte Januschauer. Auf der Schule hatte er es nach seinen " Erinnerungen " natiirlich "fiber den vorletzten Platz in der Klasse nicht hinausgebracht," so wurde der ungebildete Jiingling mit zwanzig Jahren erst einmal ()limier, um nach einer etwa zehnjahrigen Oflizierslauf- bahn urn die Jahrhundertwende sowohl Mitglied des preus- sischen Abgeordnetenhauses wie des Reichstags zu werden. Als Mitglied der deutschkonservativen Partei war Elard Olden- burg von Januschau der Hauptvertreter des Agrariertums. " Ein Preusse, der mit Leib und Seele seinem KOnig und seinem Vaterlande gehOrt," war, wie er selbst sagte, " innerlich niemals ein richtiger Abgeordneter." Daftir rumorte der streitbare Karnpfer urn so gewaltiger hinter den Kulissendes Parlamentarismus, den er in seiner netten Junkerart gerne als " modernen Quatsch " bezeichnete. Beruhmt wurde der Januschauer aber erst in jener Generaldebatte fiber den Mili- taretat, in der er mit den geflfigelten Worten, zwanzig Jahre vor Hitler, in wahrhaft prophetischer Form die Taufrede ftir den Faschismus hielt : " Der Konig von Preussen oder der Deutsche Kaiser muss stets imstande sein, jedem Leutnant zu sagen : Nehmen Sic zehn Mann und schliessen Sie den Reichstag ! "

Dass es dann weder der Konig von Preussen noch der Deutsche Reichsprasident aber der " bOhmische Gefreite," wie ihn Hindenburg nannte, war, der mit seinen SA Mannen den Reichstag schloss, das konnte nicht einmal der alte Janu- schauer ahnen. Mit dem Krieg, in dem Oldenburg den Mittelsmann zwischen Hindenburg und dem Kronprinzen spielte, mit der Flucht "seines " Konigs, mit dem Untergang seiner Welt hat sich der rustige Greis verhaltnismassig rasch abgefunden. Bald arbeitete er wieder fieberhaft an dem Aufbau seiner Kaste, seiner Welt. Mit den zwei grossen Skandalen der sterbenden Weimarer Republik war der Herr von Januschau unlosbar vericntipft : der Zuschanzung von Neudeck an die Familie derer von Beneckendorff und der Osthilfe, die ja bekanntlich unmittelbar zum Sturze Briinings und zum Ausbruch des Dritten Reiches fiihrte.

Dann rollte fiber den letzten preussischen Junker der Tank der Geschichte. Die reaktiontiren Krafte Ostelbiens brauchen heute andere Matadoren. So hat mit einem letzten Aufwand von Eke], Scham und GrOsse der alte Januschauer den Namen des " Fiihrers " in seinen Erinnerungen iffierhaupt nicht mehr