5 AUGUST 1938, Page 20

NORBURGRINGRENNEN

Won einem deutschen Korrespondenten] .

NicHT weit von KOln, im Eifelgebirge, erstreckt sich Europas schOnste Autobahn, der Niirburgring. Hier finden alljahrlich die grossen intemationalen Autorennen staff, zu denen von Nah und Fern die schaulustigen und sensationshungrigen Zeitgenossen cilen. Sie kommen mit Kind and Kegel, mit Sonderziigen und Autobussen, mit eigenem Auto, Motorrad oder Fahrrad. Manche kommen auch schlicht auf Schusters Rappen, wie man heute noch die Rasse der Fussganger, rustig zwar aber doch schon aussterbend, nennt.

Die ganze Landschaft erinnert an Wallensteins Lager. Viel Zelte, in den die Wandervogel, Pfadfinder, Hitlerjungen, aber auch altere Jahrgange mit ihren Familien kampieren. Viele Uniformen, Flieger, Gendarmen, Infanteristen,

Poli- zisten, SA und SS Manner, manche in Ausiibung ihrer Pflicht, meter aber als Neugierige. Staubige Strassen, ein ewiges Driihnen von Motoren, die auf den Zubringerstrassen nur schrittweise weiter kommen. Und iiber all dein Larm and Staub erhebt sich die Niirburg, 678 m hoch, nur im Nordosten von der etwas hoheren Hohen Acht iffierschattet. Die Nfirburg, urn die sich in vielverschlungenen Wegen die Autobahn zieht, liegt im Schnittpunkt zweier Achsen, von denen die eine Koblenz mit Malmedy, die andere Köln mit Trier verbindet. Die Balm selbst in fiber zwanzig Kilometer lang und bietet alles an Sensationen, was Fairer. und Publikiun erwarten.

Wochenlang wird geprobt. Ein heisser Kampf wird um jeden Kilometer ausgefochten. Ob man mit 99 oder too Stundenkilometern iiber die Strecke braust, das ist bier die Frage. Am Vortage verlor ein italienischer Wagen, Farina auf Alfa Romeo, so viel Oel, dass ein Teil der Balm vollig verschmiert wurde und die beiden Favoriten Brauchitsch und Stuck ins Rutschen kamen. Darauf wurde die Autobahn gesperrt und erst wieder sorgfaltig gereinigt. An diesem Vortage erzielte Nuvolari mit Auto-Union die schnellste Zeit ; er brauchte fiir die ganze Strecke 10.03, 3 Minuten, also 136 km pro Stunde.

Dann brach der grosse Tag des Hauptrennen an, ein Tag voll Aufregung und Uberraschung. Nachdem die Menschen neugierig die grossen langen silbergrauen Rennwagen in ihren bunt lackierten Fahrboxen bewundert and sich die Firmennamen ehrfurchtsvoll zugethistert haben, " Alfa Corso," " Auto-Union," " Daimler-Benz " usw., suchen sie sich einen guten Platz. Fuchsrohre, Karussell, Schwalbenschwanz, so heissen die beliebtesien und begehrtesten Platze. Bald aber ist die ganze Rennstrecke von einer Doppelmauer aus Men. schenmassen buchstablich abgeriegelt.

Das Drama beginnt, mit dem Startschuss vollzieht sich der Anfang eines Spieles, das zwischen Sport und Mord pfeil- sclmell zu Ende geht. Wie viele Gallons Blut, Benzin, Oel, Schweiss und Tranen hat schon die weisse Bahia des Niir- burgrings getrtmken ! Jetzt denkt keiner an Opfer und Tod, alle Augen hangen an den drei Ungetiimen, die den Kopf der vielkopfigen dahinbrausenden Hydra bilden : drei Namen, drei Wagen, drei Farben : Startnummer 12, 16, to- Brauchitsch, Seaman, Caracciola,—das sind die drei Ersten, die Runde urn Runde, im ganzen sind es 22 Runden, die anderen fiihren oder hinter sich herziehen. PlOtzlich verandert sich die Phalanx der Triarier ; Caracciola, der alteste und bekarmteste der deutschen Rennfahrer gibt auf, wegen Magen- lu-ampfen, wie man spater erfahrt. An seine Stelle tritt, oder fart, Lang, der zwar den Anfang an mitgemacht, aber dann wieder ausgeschieden war. Brauchitsch fiihrt, seine Ziffer 12 ist rot auf dem Rennwagen gemalt, der Fahrer tragt eine ebenso grellrote Sturmkappe.

Jetzt halt sein Wagen am Ersatzteillager, auch Seamans und Langs Wagen halten, alle drei Fahrer auf Mercedes. Es ist vor der 17. Runde. Auf einmal ein gellender Schrei : " Brauchitschs Wagen brennt ! "

Schon wird der Rennfahrer aus dem brennenden Auto gerissen, wahrend die roten Flammen aus dem gelblichen Qualm ziingeln und schon in wenigen Augenblicken ist der Brand geloscht und Manfred von Brauchitsch versucht das Unmog- liche, das Verlorene wieder aufzuholen. Aber luirz darauf kommt Manfred zuruck, zu den Tribiinen, zu Fuss, mit versengtem Hemd, mit verrusstem- Gesicht, das Steuerrad in der Hand, gebeugt aber nicht gebrochen. Das Schicksal hatte entschieden, beim Kilometerstein 9, 8 hatte es ilia erreicht.

Der Englander Seaman hatte gewbrmen. Hipp hipti hurrah !