7 AUGUST 1936, Page 16

• - Freizeit und Erholung

[Von einem deutschen Korrespondenten] WENN man die drei grossen Internationalen Kongresse in Deutschland nach der Zahl der vertretenen Nationen

beurteilt, so schneidet der Weltkongress fiir Freizeit und Erholung in Hamburg am schlechtesten ab. Auf ihm sind " nur " 33 Nationen vertreten, withrend der 6. Welt- Gefliigelkongress von rund 42 interessierten Nationen und die D. Olympiade in Berlin, sogar von 52 sport- beflissenen Nationen beschickt wurde.

Der Kongress Freizeit and Erholung " 1st die Schopfung des riihrigen Leiters der Deutschen Arbeitsfront, des Herrn Dr. Ley, dem Deutschland auch die famose Organisation " Kraft durch Freude " • verdankt. Nun ist dem Beispiel Deutschlands seit einigen Wochen such Oesterreich gefolgt, dessen Staatssekretar und Dichter Guido Zernatto eine ahnliche Sache miter dem Namen " Neues Leben " gestartet hat. Aber um auf Hamburg zuriickzukommen, so 1st hier eine Woche lang getumt, gesungen, gef pielt und getanzt worden, um so die verschiedenen Formen der " Freude " einer staunenden Mitwelt vorzufiihren. Mit di .sem " Freuden- Kongress " soil dem deutschen Volke die " bittere " Erin- nerung an die " Friedens-Kongresse " verstisst werden.

Der Kongress der Freude beschaftigte sich nattirlich grundlich mit der Frage, ob Freude ilberhaupt zu organisieren sei. Aber allein die Tatsache dieses Kongresses zeugt fur seine Teilnehmer. So viel Freude wie in diesen acht Tagen gab es schon lange nicht in Hamburg.

Besonders viel Freude gab es, als der bisherige President des Freizeit-Kongresses die tiefsinnige Frage. aufwerfen konnte Kommt die Kraft von der Freude oder die Freude von der Kraft ? Dieses Problem des Mr. Kirby aus New- York wurde in der Hamburger Musik-Halle aufgerollt, die festlich mit Rosenrabatten ausgesclunfickt war, und in welcher fur jeden Kongress-Teilneluner eine Umschalte- Anlage angebracht ist, die ihn mit seinem Dohnetscher verbindet. Der Stellvertreter des Fiihrers, Herr Hess, filberbrachte die Wiinsche Hitlers. Der Leiter der Deutschen Arbeitsfront, Dr. Ley, wurde ztun Prasidenten gewahlt.

Auf ellen weiteren Sitzungen kamen die Vertreter der einzelner Lander zu Worte, wobei es besonders auffiel, dass die Objekte der Verhandlungen, namlich die Arbeiter selbst, uberhaupt fehlten. Nur die Vertreter der Bfirokratie und Plutokratie ausserten sich zu den Problernen, die sie Melt:stens indirekt interessieren konnten. Minister, Direktoren, Pro- fessoren, Geheirnrate, Ministerialrate, Doktoren bildeten an den Vormittagen den Reigen der Sprecher, an den sich nachmittags and abends der Reigen der Jfinglinge and Jungfrauen, tausend allein aus Italien, anschloss.

Auch eine grosse Ausstellung " Freizeit und Erholung ffir Alle " war auf dem Geliinde des Hamburger Zoologischen Garten aufgebaut. Baracken des Arbeitsdienstes, 7.eltlager der Hitlerjugend, Raume der SS and SA, also alles Institu- tionen, die nicht unmittelbar mit der Gestaltung der Freizeit der Arbeiterschaft zusammenhangen, wurden den Gasten prasentiert. Von den obligaten Reden interessierte nur die Formulierung eines Ministerialrates Dressler-Andress, class sich Deutschland in der zweiten Phase der nationalsozialist- ischen Revolution beflnde, in welcher der innere geistig- kulturelle Aufbau seinen Weg suche. " Kraft durch Freude umgebe das Leben des deutschen Menschen in jeder Stunde 1"

Von alien Referaten war das des• Geheimrat Wielding am dem Saargebiet das bedeutsamste ; denn es enthiffite am kkrsten den Standpunkt der Unternehmersehaft, fiir die eine Erholung des Arbeiters nur eine bessere Basis ffir scharfere Ausbeutung bedeutet. Nattirlieh bewegten sich such die iibrigen offiziellen Regierungsvertreter, deutsche, griechische, italienische, belgische, chilenisehe, Osterreichische, fkanzosische, ehinesische and andere in den offiziellen Wendungen, lobten die Volksgemeinschaft, wie sie sie ver- standen und priesen das deutsche Beispiel Kraft durch Freude." • Eire Empfang im Hamburger Rathaus, ein Besuch des Grafbrooker Gaswerkes, eine Reichstagung der NS " Kraft durch Freude," ein Tag der Jugend, eine nachtliche Feier- stunde am Bismarck-Denkmal und Aufmarsche-, Paraden and Tanze, absehliessend -mit •einem Festzug, gaben den ausseren Rahmen zu einem• prunkvollen Bild, bei dem die Fassade ansprechender war als der Inhalt.• F. -G.