7 JANUARY 1938, Page 24

NEUJAHRSBRAUCHE

[Von einem deutschen Korrespondenten]

DASS Neujahr auf den r. Januar Mit, ist fiir uns eine grosse Selbstverstandlichkeit. Wenn wir aber durch die Lander und Zeiten wandern, so finden wir ganz andere Neujahrs- brauche. Denn nur in den christlichen oder tinter christlichem Einfluss stehenden Landern beginnt das Jahr mit dem Januar. Bei den Juden begann Neujahr am r. Tischri, der Tag wurde als Gottes Gerichtstag und als Adams Erschaffungstag mit Trompeten eingeleitet und sollte als Tag des Posaunenblasens (Jom Terua) zur Priifung und Besserung des Lebenswandels mahnen. Bei den Germanen wurde die Wende des Jahres als Julfest gefeiert, in Silddeutschland Ende Dezember urn die Weihnachtszeit, in Norddeutschland und Skandinavien Anfang Januar, woraus spate/. der Epiphanies-Tag wurde. Der Tag war, wie bei den Juden, ein Tag des Gedenkens an die Toten and ihrem Gedachtnis geweiht. Man feierte die wilde Jagd, in welcher die Seelen der Toten im Wintersturm durch die Liifte brausten, mit allerhand Mummenschanz, der sich bis auf unsere Tage erhielt. Die Perser beschenkten sich am Nauroz, dem Tag des Jahresanfangs, festlich mit Eiem, den Symbolen der Fruchtbarkeit. Perser, Aegypter und PhOnizier begannen das neue Jahr am 21. September, die Griechen am 21. Dezember. Cesar setzte Neujahr auf den r. Januar fest.

Neujahrsgeschenke waren im alten Rom durchaus gebrauch- lich ; man wiinschte allen seinen Fretmden Gliick and Gesund- heit, besonders sorgfilltig wurden die Gliickwiinsche Gonnern und Magistratspersonen ausgesprochen. Freunde beschenkten sich mit Friichten, spater auch mit kostbaren Gaben. Die Klienten hatten ihrem Patron am Neujahrstage ein Geschenk, strena, darzubringen ; das wurde dann von den Kaisern als allgemeine Steuer flit alle Romer eingefiihrt.

In China fiel Neujahr auf den Tag nach dem Neumond, wenn die Sonne ins Zeichen des Wassermanns trat, das war zwischen dem 2o. Januar und dem 18. Februar. Dasselbe gait auch flit Japan, das aber vor sechzig Jahren den gregorian- ischen Kalender annahm. Der gregorianische Kalender, dem julianischen urn zwolf Tage voraus, wurde 1582 von alien katholischen Landern eingenommen, denen Deutschland um 1700 and England 1752 folgten.

Nachdem die Christen den Geburtstag Jesu auf den 25. Dezember festgelegt hatten, wurde auf den r. Januar das Fest der Beschneidung Jesu (circumcisio) festgesetzt. Daneben haben sich bis in die Neuzeit noch andere Daten als Neujahr gehalten. So wurde der Geburtstag Christi von den deutschen Kaisern bis ins 16. Jahrhundert als Neujahrstag in Urkunden angefiihrt. In Frankreich zahlte man bis 1556 das Jahr haufig vom Osterfeste an, in England war der 26. Man bis 1752 als Jahresanfang tiblich. Wahrlich ein buntes Bild fiir eine Welt, in der dieser ungewisse Neujahrstag nur ein kleines Symbol ist !

In Deutschland ist die Zeit rund urn die Wintersonnenwende voller merkwiirdiger Gebrauche. In der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember erscheinen der Nikolo und der Krampus in den katholischen Siidprovinzen des deutschen Sprach- gebietes. Der heilige St. Nikolaus gab den braven Kindern aus seinem Riesensack Niisse tmd Zuckerin, aber die bosen Buben bekamen von dem Krampus, dem Teufel, der fiirchter- lich mit seinen Ketten rasselte, eins mit der Rute, oder er steckte sie in seine Butte, die er am Riicken trug. Es gab auch einen Zwetschkenkrampus aus Friichten, der fein schmeckte. Gabs weder Nikolo noch Krampus, dann steckten Heinzelmiinnchen die guten Sachen in die Striltnpfe und Schuhe der schlafenden Kinder. In manchen Gegenden wurde aus dem Nikolaus der rauhe Percht oder Knecht Ruprecht. Aus dem heidnischen Perchtenlaufen wurden darn allmahlich die Nikolaus—und Weihnachtsspiele, in denen der Kindlifresser, die Butznberchtls—fiir schlimme Madchen- der Urbanritter, der Pelzmartel auftraten. Aus allen diesen wurde schliesslich ein Paar, der Weihnachtsmann and das Christkind, als Weihnachtsengel auf jedem Weihnachtsbaum schwebend. Genau einen Monat nach Nikolaus schliesst Epiphanias den Reigen der Feste. Die " Heiligen Drei Kainige " ziehen von Dorf zu Dorf and ersingen sich milde Gaben, Friichte, Siissigkeiten und Schleckereien,— und ein gates Glaslein Wein wird wohl kaum verschmaliet sein.