15 APRIL 1938, Page 16

OSTERN IN OSTERREICH

[Von einem deutschen Korrespondenten] JETzT ist es Zeit, die Ostereier im Garten zu suchen, die der brave Osterhase gelegt hat ; keiner hat ihn gesehen, aber da die Eier, blau und gelb und rot, doch da sind, wild es auch den Osterhasen noch geben. Er ist also durch den Garten ge- sprungen wie eh und je, an den Hansen des Wienerwaldes hat er seine Eier gelegt, aber die schonsten gab es im Salzkammergut und in Tirol. Hier wurden sie ktmstvoll bemalt, jedes der Eier hatte ein anderes Bildchen, denn der gute Osterhase in dieser Gegend war ein grosser und erfindungsreicher Kiinstler. Osterei und Osterlamm sind in Osterreich ein wichtiger Tell des Osterfestes. Wie es in Zukunft werden soil, ist noch ungewiss ; die Richtlinien des Propagandaministers sind noch nicht bekannt. Bis dahin wissen wir nicht genau, ob das Osterfest anglosichsischen, jiidischen oder sachsischen Ursprungs ist . . .

Ostara oder Eostre soil der Name einer germanischen Gottin gewesen sein, von der man such den angelsfichsischen Namen des Monats April (eosturmonath) ableitet. Ostara war such der Name einer Broschiirenreihe, die der Rasse- forscher Lanz von Liebenfels lange vor Gross, Gunther und Rosenberg in Modling bei Wien herausgab. Auf alien Balm- Wen sah man die gelbgriinen Hefte mit den Worten : " Sind Sie blond, sind Sie gross, sind Sie arisch,—dann lesen Sie Ostara,' die Zeitschrift der Mannesrechtler." Wollte man sich auf seinem Osterurlaub eine vergnilgte halbe Stunde bereiten, dann las man das verriickte Zeug fiber Arier, Aeffiinge, Dungherren, Neandertaler und Rassehunde. Lang lang ist's her . . .

Kommt aber das Osterfest weder von der anglosachsischen noch von der altsachsikhen FrUhlingsgottin Ostara, dann ist es etwa doch jiidischen Ursprungs und wird daher bald verboten werden. Denn das Passah-Fest, das Fest der tingesluerten Brote, das eine lange und schwere Unterdriickungszeit der Juden abschloss, diirfte bei den gegenwiirtigen Unterdruckern der Juden keine angenehmen Erinnerungen wacbrufen. Ob man sich im alten Osterreich, das heute sein Osterfest zum ersten Mal in einer neu erstandenen Ostmark feiert, noch an die Auferstehung Jesu beziehen darf, diirfte bei dem Bruder- zwist im Hause Petrus mehr als fraglich sein.

Es gab so herrliche Dinge zur Osterzeit. Abgesehen von dem Osterhasen, der sich clam in einen Osterbraten verwandelte, and abgesehen von den Ostereiern, die wir dann spater fiir die jiingeren Geschwister malen und ins Gras legen mussten, gab es das Wunder der Glocken. Denials verstununten am Grimdonnerstag die Kirchenglocken und " fiogen " nach Rom, urn erst am Ostersonntag wieder in der Heimat zu bimmeln. Heute lauten sie zu. Ehren eines sterblichen Menschen, der sich selbst ein Werkzeug der Vorsehung nennt. Und die obersten Vertreter dieser Vorsehung begriissen dieses Werkzeug mit demselben Gruss, fiir dessen Verweigerung hunderte ihrer engeren Glaubensgenossen in den interkonfessionellen Konzen- trationslagern des grosseren Deutschland leiden. Statt der Glocken eilen die Bischofe nach Rom, um dort das Judits- geschaft " Barrabas fiir Jesus " zu erlautem.

Im alten Osterreich gab es claim noch einen alten Oster- brauch. Das war die Fusswaschung. Der alte Kaiser Franz Josef nahm im vollen Glanze seines Hofes an dem Gottesdienst des Griindonnerstages im Stefansdome teil. Damals gab es noch keinen Innitzer. Und nach dem Gottesdienst, an dem Add, Geistlichkeit, Burger, Beamte mid die Armee teilnahrnen. begab sich der alte Franz Josef barhauptig in die Sakristei und wusch den zwolf illtesten Burger von Wien die Filsse. war eine Symbolhandlung und er goss nut ein wenig Wass( r aus einem silbemen Kiintichen in die zwolf Eimer. Aber die Greise wurden reich beschenkt and es war eine grosse Fhre fiir sie, dass sie so gleichsam an die Stelle der zwolf Apostel gesetzt wurden. Nun, der Kaiser ist tot, tot ist die Monarchic, tot ist das tausendjiihrige Osterreich and das Werkzeug der Vorsehung hat heute andere Sorgen.

Wir abet wollen nicht vergessen jene alien wtuidervoi,n Tage im Erwachen eines neuen hellen Jahres, daw ir

nut

Rucksack and Gesang, aber nicht in Uniform und Gleichschritt, durch eine Welt zogen, wo es noch Lachen gab and wo LerLia n jubilierten und wo ein Leben ohne Last und Liffiniung vor uns lag. Lang lang ists her . . .