Innenkolonisation dutch Jugend
IVON EINEM DEUTSCHEN CORRESPONDENTEN]
DIE nationalsozialistisehen Machthaber im gegen- wartigen Deutschland planen ein Experiment, das heute bercits im In-und Ausland grosste Beachtung verdient. Nadi dem Grundsatz " Wer die Jugend hat, hat die Zukunft " soli mithilfe der Jugend eine Innen- koIonisation vorgenommen werden, die dem neuen Deutschland ein ganzlich neues Gesieht schaffen warde.
Deutschlands Schuljugend war bisher zum grassten Teil von der Stadt her orientiert. Jeder cinigermassen vermagende Landmann betrachtete es als seine Pflicht, seine Kinder in die Stadt zur Schule zu schicken, damit 'sic dort was " ordentliehes " lernten. Die in den Dorfern verbleibende Jugend gait intellektuell und kultmell nicht • sehr viel ; es ist. in Deutschland kein Geheimnis, dass die ersten braunen Garden unter der Landjugend aufgestellt wurden und 'dass Hitler die Stadtjugend erst verhillt- • nismassig spat und schwer gewann. Solche Inscln einer landschaftlieh bedingten Erziehung, wie sic seit der Jahrhundertwende in den Landerziehungsheimen von Gebeeb-Obethambach, Lietz-Baubinda, Luserke-Juist, Wyneken-Wickersdorf errichtet wurden, hatten einen • mehr oder weniger spielerischen_ und snobistischen Charakter in Form.und Art. Die heutigea Erzieher wollen
etwas grundsatzlich anderes ; sic wollen die Maelit Hirer Herrsehaft nachdracklich auf dem flachen Lan& stabi- lisieren. Ihre Parole " %muck zur Seholle " bedeutet den "Aufbruch einer • Nation" 'ins Dorf, bedeutet die Rackkehr zu den pa triarchalischen Zustanden des Dorflebens und der Dorfsehule, deren Schulsystem " Ada jahrgange in einem Schulklassenzimmer "heute als 14I.zie-
hungsideal hingestellt wird. • Der Land-Referent im preussischen Kultusininisterium, Dr. Hans Beyer entwickelt in der gleichgeschalteten " Hamburger Lehrcrzeitung " diesbezagliche Plane.
Ab Ostern 1934 soli die achtjahrige Schulzeit in den Volksschulen um ein Jahr verlangert werden, in dem die Stadtjugend—aus -Stadten fiber 25,000 Einwohnern-- ein- neuntes Scludjahr auf dem Lande verbringen muss, um mit den Werten der " Scholle" in nahe Berahrung gebracht zu werden. Davon warden etwa 360,000 Schiller erfasst werden, so class skit die aus gleichen Granden in Form von Arbeitslagern rind Werkjahren ausgemusterte und aufs Land kommandierte Armee von Mittel-und llochschillern his zu einer Million erganzen winde: Eine gauze Volkswanderung von Jugend aufs Land warde sic!' damns ergeben, frir die ein ganzlich neuartiges Erziehungsprogramm geschaffen wird. Es war& eine " Osterziehung " nach den Planen Franz Liidtkes vom Bund Dentscher Osten eingefiihrt, die planmassig das gauze Volk durch seine Jugend erfassen miisste, urn diese von der hisherigen West-Orienticrung zu spateren " ostpolitischem Handel!' an fiihren " Daraber hinaus sollcn mull den Planen des bekannten Paedagogen Adolf Reichwein die Kinder auf dem Lunde an Landschulgruppen ansammengefasst werden, die wold 'lath den Planen dieses Jugendbildners spiiter an Kom- panien znsammenzufasseii waren. Dieser ganzc Aufbruelt einer Jugend will also zwei Probleme Ibsen : crstens die Jugend von dent " verderbliehen " Einfluss der Grosstadt, der ctwa kritischen Eltern, Geschwister und Fretinde an harden und zweitens ail f (lent Lunde Kadrcs zu zachten, die zur Innenkolonisat ion wic zur Ostkolonisation mit oder ohne Waffcn ausgebildet werden.
Allc diese Plane haben mit der traditionellen Land- Erziehung der englischen Jugend gar nichts zit tun. Sic sind durchaus neuartig, originell, ja revolutioniir rind dilrften, falls sic gelingen, ha urn vorattszuschende Folgen haben.