- Zeltlager
[Von einem deutschen Korrespondenten] DIE Ferienzeit der deutschen Jugend steht im Zeichen des frischfrolilichen SOldatenspiels. In Arbeitslagern and Zelt- lagern irerbringen die HitlerjUngen mid die Hitlermadchen ihren Urlaub. VOn hier aus erhalten sic jene soldatisehe Haltung, die das Gesicht und die Gestalt der Jugend im Dritten Reich von Grund auf veraridert hat.
Damit aber die Kinder nicht nur vom Wesen des deutschen Leibes etwas erfahren, sondem such den deutschen Geist personlich kennen lernen, werden diese Zeltlager mit einer grossen Anzahl lyrischer Dichter ausgeschmiickt. Zu diesen Kulturbringern gehOren unter anderm die Nazilyriker Bridger, Carossa, Johst, sowie die Damen Agnes. Miegel, Ina Seidel, Lulu von Strauss und Torney. Sie kiinnen neben dreissig weniger bekannten Kollegen von den Zeitlagern der Hitler- jugend zu Lesungen angefordert werden.
Freilich ist das Interesse der Jugend Mr die Dichtkunst nicht besonders entwickelt. Einer Lellibficherei-Statitstik zufolge Best der Jungarbeiter an Bfichern der -Religion mil. 0,10 und der Literatur nur 0,62; dagegen an Krieglerinnertirigen htichsten Prozentsatz !—Der Bfichertuniatz fur Kriegsbiicher ist in den letzten Jahren um da-s Vierzehnfriche gestiegen.
Nach dem Universitatsjubilluin in— Heidelberg wurde mit dem Rest der Galste ein Zeltlager der jungen Kunst veran-: staltet; bei dein neben "Baths " Minikalische.m Opfei im Heidelberkei SchlOsS, einem liantaten-Abend und einem Orgelkonzeit such 'ein Spiel " EWigns Volk" von Biockmeier und Maass auf der Thingstatte deg Heiligenbergs aufgeffihrt wurde. Im engSten.Zusammenhang nut diesen Darbietungen nahmen zweihundert junge .Anierilcriner, Englander, Norweger und `Satheden an dieSem luiltirrpOliti:sehen ArbeitShiger der Reich:sjugendfilininig te4. Den HiihePunkt des Lagers bildete wie ublich die Anipraehe-Herin Goebbels, der vor den vierhundert Rekrutin. des Arbeitaigeii 'seine Ausfiihr- ungen, diesmal unter dem Titel " Funktion der deutschen Jugend," machte. Der Minister erklarte, dass die Fiihrer des heutigen Deutschland der Jugend einmal das Reich in die Hande legen werden, namlich : eine Weltanschauung; neue Gesetze, chit neue Lebenshaltung, tausende Kilometer modemster Autostrassen and monumentale Gebaude.
Um einige angstliche Eltern zu beruhigen, hat der Reichs- jugendftihrer zwolf Richtlinien erlassen; die alle Probleme der Leibesfibungen, Fahrt, Marschleistung, Nachtdienst etc. fiir die Zehn-bis Vierzehnjahrigen regeln soil. Damit 1st die Einbeziehung gamer Jugendjahrgange•in das Jungvolk Gesetz geworden.
Der Reichsjugendfiihrer beehrte such die jungen Kfinstler im kulturpolitischen Arbeitslager mit einer Ansprache, in der er ausfiihrte, der Nationalsozialismus babe der Jugend klargemacht, was Kitsch and was nicht Kitsch sei. Man masse gerade an dem grossten Kiinstler den hartesten soldat- ischen Masstab legen.
Die Abende aber gehorten den Diskussionen. Hier feiert der soldatische Mensch seine Triumph. Auf der Lagerord- nung steht als letztes Gebot Baldurs : " Bewahrt eine soldatische Haltung " Der Gast wird von einer Lagerwache in Empfang genonimen and zum kulturpolitischen Lager gebracht. Das Thema des Abends lautet : " Erziehung and Kunst." Der Referent, tin Professor Seidenstficker, erklarte ." Wo aus der Kunst der entscheidende KaMpf urn das deutsche Sein spricht, da fiihlt sick unsere Fahne wohl. Wo sich die Fahne wohl fiihlt, da ist wertvolle Kunst."
Anderc Aussprachen bewegten sick urn iihnliche Themen. So wurde such fiber kampferische Kunst gesprochen. Der Kiinstler milsse als Fiihrer der Gemeinschaft die Front in die Kampfzone tragen. Er brauche den " Mut zum Risiko," wie es Herr Goebbels formulierte. Eire Vortrag fiber Goethe ergab das Resultat, dass dieser Dichter von einigen Lager- soldaten, als Reprfisentant einer vergangenen Bfirgerlichkeit abgelehnt wurde. . Die , Verteidiger Goethes wandten- ent- schuldigend ein,: class man weder von Goethe noch von anderen geschichtlichen GrOssen erwarten konnte, dam sic in ihrer Zeit vollkommene Nationalsozialisten waren..
So wirkt der Nationalsozialismus in Vergangenheit und Gegenwart als soldatisches Wunder! F. G.