Weun.ars Genius
[Von einem Deutschen Korrespondenten] WAR Goethe ein Nazi ? Diese Frage, die in der Welt Verwun- ,derung oder, Lachen erregcn wiirde, wurde in Deutschland ernsthaft gestellt. Fin miler Beweis fiir die Verfassung, in der sich das deutsche Volk befindet.
Die Goethe-Gesellschaft in Weimar feiert soeben ihren ffinfzigsten Geburtstag. Jahrzehnte hindurch war das beriihmte Goethe-Haus am Frauenplan zu Weimar ver- schlossen and versiegelt. Erst im Jahre 1885 ubergab der letzte Goethe-Erbe den ganzen Besitz und Nachlass der Grossher- zogin Sophie von Weimar. Damals ersehien ein Aufruf von Eucken, Haeckel, Liszt und Anderen, eine Gesellschaft zu griinden zur Pfiege der Goethe-Literatur und zur gemeinsainen Forschung. Diese Goethe-Gesellschaft begann dainals die Herausgabe der. grossen Gesamt-,Ausgabc, die seit 1919 in 131 Bfinden vollendet vorliegt. Vor fiinfzig Jahren wurde auch die Goethe-Society in England gegriindet, die seit dieser Zeit in enger Zusammenarbeit mit der Weimar- Gesellschaft steht. • Zwei Tage vor Goethes Geburtstag trat die Goethe-Gesell- schaft zu ihrer Jubilaums-Tagung zusaminen. Zuerst wurden die Giiste. in den Erweiterungsbau des Goethe-National. museums gefiihrt, der mit seinen 23 neuen Siilen neben ,dent alten Goethe-Haus und dem im Jahre 1914 errichteten Sammlungs-Bau errichtet ist. Hier wird in Dokumenten, Ahnentafeln, Bildern, Bilsten, Zeichnungen, Silhouetten das Leben des grossen Dichters ausgestellt. Der Nachlass Goethes, der etwa 150 Bande umfasst, wird in einer Vitrine vorgefiihrt.
In der feierlichen Eriiffnungs-Sitzung konnte der Vorsitzende der Goethe-Gesellschaft, Professor Petersen, die Vcrtreter von fiinfzehn Staaten begriissen. Von deutschen Dichtern waren Goetz, Grimm, Halbe, Molo und Schaffner erschienen. Professor Willkens aus New-York, der vor ffinfzig Jahren des Griindungs-Protokoll der Gesellschaft unterzelchnet, hatte, wurde besonders gefeiert. Man will in Zukimft an Stelle der Jahrbucher die Viertelsjahr-Hefte herausgeben und hofft so, den Fehlbetrag dieses Jahres in Mlle von 10.000 Mark zu verringern. Professor Wahl berichtete fiber das Goethe- Schiller-Archiv.
An Goethes Geburtstag wurde nun der Erwciterungs-Bau feierlich eingeweiht und ertiffnet. Die Festrede Welt in Anwesenheit der Malinger Beharden der Staatskommissar der Landestheater Staatsrat Ziegler, der Kleist und Hitler zitiertc. Dann abergab er den neuen Bau im Namen der thtiringischen Staatsregierung zu treucn Minden dem Direktor des Goethe-National-Museum, Professor 'Wahl. Zumn. Absehluss der Feier sang ein Kinderchor " Sah ein Knab' ein Roslein stehn . . ."
Bei den Ansprachcn der auslandischen Vertreter kam Emelt Professor Fiedler von der Goethe-Society zu Wort, der. fest- stelltc, dass England an der Goethe-Forschimg nur bescheidenen Anteil habe, aber urn so mehr seien die Faden zu vcrfolgen, die Goethe mit der englisehen Literatur, besonders mit Shakespeare verbinden.
In seinem Festvortrag " Goethe-Verehrung in fii.nf Jahr- zehnten " sprach der Prilsident, Professor Petersen, von dei jahrzehntelangen Gleichgiiltigkeit der Nation gegen den Genius von Weimar. Erst um : die Jahrhundert-Wende brachte eine jiingere Generation etwas Leben in die tote Gesellschaft. Petersen fiihrte hier die Tatigkeit von Bartels, Bode, Lienhard und Roethe an, um dann die Frage zu stencil, wie sich Goethe selbst zu den " gewaltigen " Wandlungen gestellt haben wiirde, die in den Ietzten Jahren mit " seinem " Volke 'von sick gegangen sind. " Wie Goethe im Frtihjahr 1813 Liitzowschen Jagern, die in den Freiheitskampf zogen, die Waffen gesegnet habe, so wurde er auch den schwarzen Gesellen und den braunen Kameraden, die 120 Jahre spater fur die 'mere Befreiung Deutschlands sich zu opfern bereit waren, seinen Gruss nicht versagt haben."
Goethe als Schirmherr der SS und SA Garden, vielleicht sogar selbst cin Nazi,—das sind die Gedanken der heutigen deutschen Literatur-Forschung !
Der Pnilsident des .Olympia-Komitess feierte schliesslich Goethe ale vielseitigen und `.` ernsthaften " Sportsman und stiftete einen Preis von, 750 RM ftir das Thema " Goethe und itler ol yin pische Ged ;take." .
., • Der Diehter des Faust " •als Faustkiimpfer I